Besuch bei den tapferen Weibern von Hettiswil

Die Geschäftsleitung (früher Vorstand) und die Ehrenmitglieder der BTV treffen sich jedes zweite Jahr zu einem gemütlichen Zusammensein. Dieses Jahr wurde die letzte Präsidentin des Landesteils Emmental mit der Organisation beauftragt. Monika Kobel lud die Gäste in ihren Wohnort nach Hettiswil ein. Ein Dorf mit sehr alten Traditionen.

Bei Kaffee und Gipfeli konnten im Restaurant Kreuz in Hettiswil die ersten, alten Kontakte wieder aufgenommen werden. Anschliessend wanderten wir den kurzen Weg in die Dorfmitte und Christian Kobel erzählte uns beim Lindezytli das „Wahrzeichen von Hettiswil“ die Geschichten zum Dorf in dem er geboren wurde.

Die Glocke des Lindezytli ist das alte Klosterglöcklein der Mönche von Hettiswil. Nach der Aufhebung des Klosters 1528 hat die Glocke weltlichen Zwecken gedient. Nachdem sie in Bern als Marktglocke gedient hatte, kam sie nach Hettiswil zurück. In Ermangelung eines Turmes hängte man die Glocke in eine Linde, die am Platze des heutigen Lindezytli stand. Nun rief sie die Dorfschaft zu Zeiten der Feuersnot zusammen. Um 1830 wurde von den Bewohnern das Lindenzytli  als Feuerwehrmagazin erbaut. Im Turm hängten sie die Feuer- und  Zeitglocke. 1965  wurde das Gebäude renoviert und nun erstrahlt das „Hettiswilermünster“ in voller Pracht. Sechs Jahrzehnte war Johann Kammermann der Glöckner von Hettiswil. Er arbeitete als Melker bei der Familie Kobel und betreute täglich das Uhrwerk. Diese Tradition ist in der Familie geblieben und Christian Kobel ist nun für das Lindezytli verantwortlich. Zum Glück hat auch hier die neuere Zeit Einzug gehalten, so dass der Aufstieg in den Glockenturm nicht mehr täglich nötig ist.

Jedes zweite Jahr feiern die Frauen von Hettiswil das Wybermahl. Dieses finanziert sich aus einer historischen Schenkung. Weil die Frauen von Hettiswil das dortige Cluniazenserpriorat 1375 gegen die plündernden und brandschatzenden Gugler verteidigten und diesen eine totale Niederlage beifügten, erhielten sie für ihre Tapferkeit vom Prior des Klosters das Recht am Jahrestag der Schlacht am 26. Dezember im Klosterwald Holz zu fällen. Da der Wald darunter zu sehr litt, wurde die Schenkung später abgeändert. Die Frauen erhielten eine Wiese um mit dem Ertrag alljährlich ein Festmahl abzuhalten. 1885 nach mehr als 500 Jahren wurde diese Feier verboten. Das wilde Fest der Bäuerinnen war nicht genehm. Von nun an ging der Erlös an die Handarbeitsklassen des Ortes. 1985 organisierten sich die Hettiswilerinnen in einem Komitee zur  Wiedereinführung des Wybermahls und kämpften durch verschiedene Instanzen für ihr altes Recht. Im Jahr 1990 konnte das Wybermahl erstmals wieder durchgeführt werden. Heute findet es alle zwei Jahre unter einem immer neuen Motto statt. Es ist eine der ganz wenigen Traditionen in der Schweiz die auschliesslich von Frauen gepflegt werden. Seit diesem Jahr gehört dieser Brauch ins Inventar der nationalen lebendigen Berner Traditionen.

Nach diesen interessanten Schilderungen besichtigen wir das nahegelegene Ofenhaus, welches noch rege gebraucht wird. Das hier versprochene Apero musste wegen den fallenden Regentopfen verlegt werden. Aber auch dafür hatten die umsichtigen Gastgeber gesorgt. Für die Rückkehr zum Restaurant Kreuz wurden uns Fahrgelegenheiten angeboten.  Also ein rundum gemütlicher, interessanter und sehr gut organisierter Vormittag.

Beim gemütlichen Mittagessen konnten nun alte Erinnerungen ausgetauscht werden. Zwischen Hauptgang und Dessert besichtigten wir in kleineren Gruppen das Illusoria-Land welches im oberen Stock des Hauses untergebracht ist. Sandro Del-Prete hat hier ein Museum und Galerie für optische Täuschungen und Holographien eingerichtet. Interessiert diskutierten wir, was auf den ersten Blick zu sehen war, aber auch was es beim besseren Hinschauen noch zu entdecken gab.

Im Namen aller Gäste bedanke ich mich bei Monika und Christian Kobel und allen weiteren Beteiligten. Insbesondere auch bei der Gastgeberin beim Apero.

Es war ein erlebnisreicher und gemütlicher Tag bei euch in Hettiswil.

Text: Ursula Schwander
Fotos: Christine Stucki